Trump hat seinen Kampf gegen das politische Establishment vorerst gewonnen. Worauf muss sich Europa jetzt einstellen?
Donald Trump ist eine Ausnahme unter den amerikanischen Präsidenten: Er hat nie ein politisches Amt bekleidet. Das war auch seine wesentliche Botschaft: als richtiger Außenseiter versprach er, das Washingtoner Establishment kräftig aufzumischen. Das ist ihm erst einmal gelungen.
Dieses Establishment hat sich in der Kampagne nicht mit Ruhm bekleckert: der republikanischen Elite ist der Nominierungsprozess völlig entglitten. Bei den Demokraten hat sich Hillary Clinton so geschickt positioniert, dass die demokratische Partei auf Vorwahlen zunächst gänzlich verzichten wollte. Wäre da nicht der Sozialist aus Vermont gewesen. Dessen Kampagne lief ausgesprochen gut. Auch sein Hauptmotiv war der Kampf gegen das Establishment. So sahen die Wähler/innen zwei dynamische Kampagnen, nämlich die der Außenseiter Trump und Sanders. Das politische Establishment schien im gesamten politischen Spektrum implodiert. Beide Parteien sind ein Schatten ihrer selbst.
Wer Sanders mochte, wählte nicht unbedingt Clinton
Es war von Anfang an klar, dass Hillary Clinton Probleme haben würde, die eigene Basis zu mobilisieren. Das hat sie letztlich den Sieg gekostet. Beide Kandidat/innen sind so unbeliebt wie kein anderer Amtsanwärter zuvor. Hillary Clinton klebte zudem der Ruf an, Teil des abgehobenen Establishments und damit des Problems zu sein. Mehr noch: bei liberalen Analyst/innen ist das demografische Handicap der republikanischen Wählerschaft eine stehende Größe. Diese sind weiß, weniger gebildet, männlich und leben überwiegend in ländlichen Gebieten. Die Zeit und diese Trends arbeiten für die Demokraten. Solche Selbstgewissheit hat u.a. dazu geführt, dass Clinton wichtige Staaten wie Wisconsin kein einziges Mal während ihrer Kampagne besucht hat.
Eine zweite Frage ist die nach dem Verbleib der Anhänger/innen von Bernie Sanders. Sie wurden offenbar zu leichtfertig auf das eigene Konto gebucht. Viele von ihnen sind aber nicht mehr zur Wahl gegangen oder haben Trump gewählt. Der Unmut der Wähler/innen ist seit langem bekannt, bislang haben sich die Demokraten als unfähig erwiesen, eine Politik zu realisieren, die den Menschen das Gefühl gibt, gehört zu werden und nicht mehr sozial, ökonomisch und kulturell abgehängt zu werden.
Trump wird umschalten müssen
Für die Demokraten ist der Wahlausgang ein richtiges Desaster. Die Republikaner stellen nicht nur den Präsidenten, sie haben nun auch die Mehrheit in beiden Häusern des Kongresses. Auch die Mehrheit der Gouverneure sind Republikaner. Das stellt aber auch die Republikaner erheblich unter Druck. Nachdem über Jahre, ja Jahrzehnte, die Blockade der demokratischen Amtsinhaber fester Bestandteil republikanischer Politik war, können sie sich jetzt nicht aus der Verantwortung stehlen.
Dabei gibt es zwei Szenarien: zum einen könnte die Partei angesichts dieser Mehrheitsverhältnisse „durchregieren“. Wahrscheinlicher aber scheint, dass jetzt der Streit um die Richtung einsetzt. Schon unter Obama hatte die Atmosphäre in der republikanischen Fraktion des Repräsentantenhauses immer wieder den Hauch des Bürgerkrieges. Da braucht es nicht den Polterer Trump, um die Stimmung anzuheizen. Der wird eher umschalten müssen, wenn er seine Truppen zusammenhalten will. Seine Rede nach der Wahl klang ausgesprochen versöhnlich. Mit Chris Christie, dem Gouverneur von New Jersey, als Leiter des Übergangsteams hat er sich auf das Partei-Establishment zubewegt. Ohne dessen Unterstützung wird Trump im Polit-Dschungel von Washington scheitern.
Abgesehen vom Wahlkampf, der wenig Konzeptionelles zu Tage befördert hat, ist wenig über die Trump´schen Pläne bekannt. Er wird hart gegen Immigrant/innen und den Terrorismus vorgehen und das Militär stärken. Er versprach aber auch Investitionen in Bildung und Infrastruktur. Obama Care, das wichtigste Projekt seines Vorgängers, will er abschaffen. Minderheiten, sexuell oder ethnisch, dürfte eine schwere Zeit bevorstehen. Als Unternehmer, der sein Geld in den USA verdient, neigt Trump zu Protektionismus. Die in Verhandlungen stehenden Handelsabkommen TTIP und TPP dürften wenig Chancen auf Realisierung haben. Einer seiner wichtigsten Versprechen ist die Schaffung von Arbeitsplätzen.
Droht eine rechtspopulisitische Internationale?
Aus Brüssel und den europäischen Hauptstädten hört man die Klage, dass es kaum Kontakte zum Wahlkampfteam oder gar zu außenpolitischen Berater/innen gab. Kein Wunder, denn auf außenpolitische Expertise hat der Kandidat Trump völlig verzichtet. Wenig ermutigend sind seine positiven Äußerungen über Putin und dessen Führungsstil und gemeinsame Auftritte mit dem britischen Brexitier Nigel Farage. Die Umrisse einer rechtspopulisitischen Internationalen sind deutlich erkennbar.
Erfahrene Transatlantiker/innen auf beiden Seiten sehen das mit Schrecken. Trump hält weder etwas von der schwächelnden und zaudernden Europäischen Union, noch lässt er große Sympathien für die NATO erkennen. Bis er erkennt, dass ein auch militärisch starkes Amerika auf die NATO angewiesen sein wird, kann einige Zeit vergehen. Die Europäer/innen sollten sich auf mehr Eigenständigkeit einstellen.
Sie sind zudem gut beraten, ein pragmatisches Verhältnis zum neuen Präsidenten zu entwickeln. Wir werden mit dieser Personalie unseres wichtigsten Verbündeten erst einmal leben müssen. Die Zeichen stehen auf Schadensbegrenzung und auf die Aussicht, dass in zwei Jahren wieder ein Kongress gewählt wird und in vier Jahren ein neuer Präsident. Bis dahin stehen den Amerikaner/innen und damit dem gesamten Westen wohl turbulente Zeiten bevor.
Weitere Beiträge rund um den Wahlkampf finden Sie in unserem Blog "Route 16".