Frankreich zählt zu den Ländern in der Europäischen Union, in denen die meisten Pestizide verwendet werden. Die Kartografie des Pestizideinsatzes lässt je nach Art der Kulturen und biogeografischen Merkmalen stark exponierte und relativ verschonte Gebiete erkennen. Die Analyse der verfügbaren Daten ermöglicht es, eine Frankreichkarte des Pestizideinsatzes zu zeichnen. Zahlreiche methodologische Schwierigkeiten halten allerdings weiterhin eine Form der Unwissenheit aufrecht.
Es ist nicht einfach, den Grad der Pestizidexposition in einem Gebiet zu messen, denn zur Ermittlung der Menge der in einem Gebiet eingesetzten Pestizide existiert keine einheitliche Methode. Eine erste Vorgehensweise basiert auf der Menge an Pestiziden, die in einem bestimmten geografischen Gebiet verkauft oder gekauft wird: die Anzahl der Dosierungseinheiten (NODU), die es ermöglicht, die Intensität des Pestizideinsatzes anhand der in einem bestimmten Gebiet und über einen bestimmten Zeitraum verkauften Mengen zu bewerten. Dieser Indikator wird in Frankreich im Rahmen der Überwachung des Plans „Ecophyto“ verwendet, kommt aber nicht auf europäischer Ebene zur Anwendung. Zudem spiegelt er nicht die tatsächlich verwendeten Mengen wider, sondern nur die in einem Gebiet gekauften Mengen. Er gibt keine Auskunft darüber, wo und wann die Produkte eingesetzt werden.
Der Ort des Kaufs informiert nämlich nicht darüber, wo sich die Parzelle befindet, auf der das Mittel eingesetzt wird. Außerdem können die Käufer einen Vorrat an Pestiziden anlegen: Der Einsatz der Mittel erfolgt also nicht unbedingt im selben Jahr, in dem sie gekauft wurden. Die Pläne der Regierung, Glyphosat im Jahr 2021 zu verbieten, haben beispielsweise dazu beigetragen, dass die Verkäufe im Jahr 2020 gestiegen sind, um die Produkte einzulagern. Die NODU-Methode kann daher zu einer räumlichen und zeitlichen Verzerrung führen. Schließlich kann die NODU auch nicht auf die einzelnen Kulturarten heruntergebrochen werden.
Um dieses Problem zu beheben, kann ein anderer Indikator verwendet werden: der Behandlungshäufigkeitsindex (TFI). Dieser Index wird auf der Grundlage von Erhebungen berechnet, die das Landwirtschaftsministerium seit 1994 bei einer Stichprobe von Landwirten auf Parzellenebene durchführt. Im Gegensatz zu Indikatoren, die auf dem Verkaufsvolumen von Pestiziden basieren, spiegelt der aus diesen Erhebungen ermittelte TFI die tatsächlichen Praktiken der Landwirte wider. Außerdem ist er nach Kulturart und Produktart (Herbizid, Fungizid, Insektizid, Biokontrollmittel usw.) aufgeschlüsselt. Diese Art von Erhebungen wird jedoch nur alle drei bis fünf Jahre durchgeführt, weshalb der TFI für eine jährliche Überwachung ungeeignet ist.
Allerdings sind beide Indikatoren nicht in der Lage, Auskunft über die Toxizität der Produkte zu geben. Nur weil die Menge der gekauften Produkte (NODU) oder die Menge der ausgebrachten Produkte (TFI) im Vergleich zu anderen Gebieten gering ist, heißt das nicht, dass der Grad der Abhängigkeit von Pestiziden oder die Risiken für Gesundheit und Umwelt auch verhältnismäßig geringer sind. Darüber hinaus ändern sich die zugelassenen Substanzen im Laufe der Zeit. Der Ersatz bestimmter Produkte durch gleichwertige, in geringen Dosen wirksame Produkte kann dazu führen, dass die Menge der verkauften Wirkstoffe abnimmt, ohne dass das Niveau der Gesundheits- oder Umweltrisiken sinkt.
Ein neuer, von der Europäischen Kommission validierter Indikator versucht, die Toxizität der verwendeten Moleküle zu berücksichtigen: Der Harmonisierte Risikoindikator für Pestizide (HRI-1). Dieser Indikator entspricht der Summe der verkauften Mengen an Wirkstoffen, die mit einem Koeffizienten gewichtet werden, der mit der Zulassungsklasse des Produkts zusammenhängt. Das Prinzip ist zwar zufriedenstellend, aber die Gewichtungskoeffizienten spiegeln nicht die Vielfalt der Stoffe wider. 80 % der Wirkstoffe werden in der Tat mit demselben Faktor gewichtet, was die weniger toxischen Stoffe benachteiligen kann. Im Falle der Bekämpfung von Mehltau an Weinreben kommt der Indikator HRI-1 beispielsweise zu dem Schluss, dass die natürliche Behandlung mit Schwefel 250-mal riskanter ist als das Molekül, das aus der synthetischen Chemie stammt und in der konventionellen Landwirtschaft eingesetzt wird.
Trotz der Einschränkungen, die jedem dieser Indikatoren eigen sind, ermöglicht es die Verwendung des durchschnittlichen Gesamt-TFI pro Gemeinde, eine Frankreichkarte der Pestizide zu erstellen: Der TFI macht es möglich, sehr unterschiedliche Substanzen zu aggregieren und so eine globale Pestizidbelastung zu messen.
Die von Solagro anhand der Erhebungen zu den Anbaupraktiken erstellte „Adonis“-Karte zeigt den durchschnittlichen Gesamt-TFI pro Gemeinde. Diese Karte macht deutlich, dass die Exposition gegenüber Pestiziden von biogeografischen Merkmalen (Topografie, Klima), der Art der Kulturen und der Intensität der landwirtschaftlichen Praktiken abhängt.
Bestimmte geografische Gegebenheiten schützen die Gebiete vor Pestiziden. In Bergregionen ist der TFI viel niedriger als anderswo. In diesen geografischen Räumen herrschen Mischkulturen und Viehzucht vor, mit einem hohen Anteil an Grasflächen, die in der Regel nicht behandelt werden. 1972 Gemeinden in Bergregionen weisen daher einen TFI von null auf.
Im Gegensatz dazu sind in Gebieten, die auf Weinbau, Obstbau oder Getreideanbau spezialisiert sind, die TFI-Werte am höchsten. Dort ist die Fruchtfolge wenig diversifiziert und die Landwirtschaft intensiver. Zu diesen stark belasteten Gebieten gehören das große Pariser Becken und die nordfranzösischen Gebiete (spezialisiert auf Ackerbau), das Garonne-Tal (spezialisiert auf Weinbau), das Rhône-Tal (spezialisiert auf Obst- und Weinbau) und auch die Limagne (spezialisiert auf Ackerbau).
Diese kartografische Analyse zeigt auch die guten und schlechten Schüler: Unter den französischen Départements weist die Drôme einen TFI von 2,14 auf (der nationale Durchschnitt liegt bei 2,5) und einen Anteil von 23 % an biologischer Landwirtschaft. Der TFI des Gers beträgt 2,4 bei 22 % biologischer Landwirtschaft und in der Manche liegt der TFI bei 1,41, was hauptsächlich auf die Erhaltung der Heckenlandschaft und die Weidewirtschaft zurückzuführen ist. Im Gegensatz dazu weist die Somme einen TFI-Wert von 6,88 und nur 2 % biologisch bewirtschaftete Flächen auf. Anhand des TFI lässt sich auch feststellen, welche Kulturarten am stärksten von Pestiziden abhängig sind. Obst ist besonders pestizidintensiv: Äpfel stehen mit einem TFI von 31,5 an erster Stelle, gefolgt von Pfirsichen (TFI 18,2). Auch Kartoffeln haben einen hohen Pestizidverbrauch. Die Weinrebe steht an vierter Stelle. Getreide und Ölsaaten verbrauchen vergleichsweise weniger Pestizide pro Hektar: Weichweizen verfügt über einen TFI von 5,1, Gerste von 4,3 und Raps von 6,2. Allerdings sind dies die Kulturen, die am meisten Platz beanspruchen und daher die stärksten Auswirkungen auf die Umwelt haben.
Der durchschnittliche Gesamt-TFI pro Gemeinde ermöglicht es somit, die Kulturen und Gebiete hervorzuheben, die am stärksten von Pestiziden betroffen sind, und zwar unabhängig von der Art des Produkts (Fungizid, Insektizid, Herbizid). Tatsächlich ist es die Exposition gegenüber sämtlichen Pestiziden, die sich auf die menschliche Gesundheit und die Gesundheit der Ökosysteme auswirkt. Dagegen ergibt die spezifische Analyse des TFI für Herbizide nach Gemeinden eine andere Frankreichkarte. Herbizide werden nämlich direkt auf den Boden gesprüht und sind besser wasserlöslich. Daher kontaminieren sie die aquatische Umwelt viel stärker als Fungizide oder Insektizide: Die Hälfte der im Grundwasser nachgewiesenen Substanzen gehört zur Familie der Herbizide. Diese Verschmutzung betrifft sowohl die Flüsse, die durch Abschwemmung kontaminiert werden, als auch das Grundwasser, in das die Substanzen durch Versickerung gelangen. Im auf Obst- und Weinbau spezialisierten Südfrankreich ist die Herbizid-Behandlungshäufigkeit (TFI) wesentlich niedriger als in Nordfrankreich. Die Karte der Herbizid-TFI entspricht in etwa der Karte der durchschnittlichen Pestizidkonzentration im Grundwasser.
NODU, Gesamt-TFI oder Herbizid-TFI sind unvollkommene Indikatoren. Jeder von ihnen spiegelt eine andere Facette der Pestizidbelastung in Frankreich wider – je nachdem, ob man sich für den Verkauf, die Gesamtexposition gegenüber Pestiziden oder das Risiko der Kontamination von Gewässern mit Herbiziden interessiert. Darüber hinaus können Karten, die auf NODU oder TFI basieren, zwar ein Bild des Pestizideinsatzes in Frankreich zeichnen, sie zeigen jedoch nicht die tatsächliche Abhängigkeit der französischen Landwirtschaft von Pestiziden auf.
Nutztiere werden beispielsweise zum Teil mit im Ausland produzierten, importierten Futtermitteln gefüttert, bei deren Erzeugung Pestizide zum Einsatz kommen. Erst die Berücksichtigung dieses ausgelagerten Pestizideinsatzes würde einen echten Einblick in den Pestizid-„Fußabdruck“ der französischen Ernährung ermöglichen.
Quellen:
S.52: „Adonis“-Karte des Pestizideinsatzes in Frankreich, Solagro, 2020 https://cutt.ly/886RMMW; „ADONIS“-KARTE DER TFI, Methodik zur Berechnung des Indikators für die Häufigkeit der Pflanzenschutzmittelbehandlung in der Landwirtschaft nach Gemeinden, September 2022, https://vu.fr/qlsd, S.53:„Adonis“-Plattform, Erste Bewertung des territorialisierten Pestizideinsatzes in Kontinentalfrankreich, Aurélien CHAYRE und Philippe POINTEREAU; Solagro, Juni 2022, https://vu.fr/QkYp.